Die Geburtsstunde des Frauenwahlrechts

Der 12. November 1918 wird als Geburtsstunde des Frauenwahlrechts in Deutschland bezeichnet. In Kraft trat das Reichswahlgesetz in Deutschland am 30. November 1918. In ihm wurde festgeschrieben, dass alle männlichen und weiblichen Personen, die mindestens 20 Jahre alt sind, Gebrauch von ihrem allgemeinen aktiven und passiven Wahlrecht, machen können. Reichsweit konnten die Frauen am 19. Januar 1919 nicht nur wählen, sondern auch gewählt werden. Kandidiert hatten 300 Frauen, von denen 37 gewählt wurden.

In Baden am 05.01.1919 und in Württemberg am 12.01.1919 fanden die Landtagswahlen statt, bei denen die Frauen erstmals ihr demokratisches Grundrecht ausüben konnten.

Zur konstituierenden Sitzung am 15. Januar 1919 nutzte Marianne Weber (DDP) als erste Frau die Gelegenheit sich im Karlsruher Ständehaus an ihre männlichen Kollegen zu wenden. Sie brachte dabei zum Ausdruck, dass sich die Frauen freuen, sich an den Wahlen künftig beteiligen zu können und sich auf ihre Aufgabe gut vorbereitet haben.

Am 19. Februar 1919 war es die Sozialdemokratin Marie Juchacz aus Berlin, welche, als erste Frau, das Wort in der Weimarer Nationalversammlung ergriff. Sie wiederum stellte fest, dass die Frauen der Regierung keinen Dank im althergebrachten Sinne schulden. Sie hielt es für eine Selbstverständlichkeit, dass die Frauen wählen können. Sie sagte, dass ihnen dieses Recht viel zu lang vorenthalten wurde.

Gleichberechtigung auf Plattform

Ein langer Kampf ging dem Frauenwahlrecht voraus. Im Jahr 1789 sind hierfür die ersten historischen Wurzeln zu finden. Die Französische Revolution ließ Forderungen nach Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, laut werden. Durch die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte aus dem Jahr 1789 war das Fundament für das Wahlrecht aller männlichen Bürger gelegt. Das Wort „Brüderlichkeit“ schloss ganz klar die Rechte der Frauen aus. Die „Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin“, von Olympe de Gouges (1748-1793), welche von ihr schon im Jahr 1791 verfasst wurde, machte dies noch einmal ganz deutlich. Sie starb zwei Jahre später durch die Guillotine, weil sie eine Regierung, die keine Frauenrechte anerkennt, ablehnte.

Eingeführt wurde in Preußen 1848 das Dreiklassenwahlrecht. Entsprechend der Höhe der Steuerzahlungen erfolgte die Einteilung. Adelige und Großgrundbesitzer gehörten der ersten Klasse an. Männer mit mittlerem Steueraufkommen, wie es von Kaufleuten zu erwarten war, bildeten die zweite Abteilung. Der Rest der Wähler wurde in die dritte Abteilung eingeordnet. Prozentual stellte sich dies wie folgt dar:

Abteilung 1 = etwa 5 % der Wähler

Abteilung 2 = etwa 13 % der Wähler

Abteilung 3 = etwa 83 % der Wähler

Frauen und Fürsorgeempfänger durften nicht wählen, nur Männer, die das 24. Lebensjahr vollendet hatten. Zu beachten ist, dass im Jahr 1850 das Gewicht der Stimmen der Wähler der ersten Abteilung etwa 17,5-fach höher als das der Wähler der dritten Abteilung war.

Besonders hervorgetan hat sich Clara Zetkin bei dem Thema Frauenwahlrecht, welches sie auf dem ersten internationalen sozialistischen Frauenkongress 1907 in Stuttgart forderte.

Als selbstverständlich wird heute das Frauenwahlrecht angesehen. Der Kampf dafür führte erst zum Erfolg, als im Artikel 3 Abs. 2 unseres Grundgesetzes am 23.05.1949 aufgenommen wurde, dass Männer und Frauen gleichberechtigt sind. Trotz des Gesetzes hatten Frauen immer noch gegen Einschränkungen bei der Umsetzung des Frauenwahlrechtes anzukämpfen.

Jüngste Erhebungen ergaben, dass sich die Wahlbeteiligung zugunsten der Frauen entwickelt hat. So lag sie bei der Europawahl 2014 bei 48,9 %, wobei 49,5 % wahlberechtigte Männer gezählt wurden.